Rose und Lilie
Die Rose liebt die Lilie,
Sie steht zu ihren Füßen;
bald löst die Glut ihr schönstes Blatt,
Es fällt um sie zu grüßen.
Die Lilie bemerkt es wohl,
Sie hätt´das Blättlein gerne;
Der Wind verweht´s und Blatt nach Blatt
Jagt er in alle Ferne.
Die Rose doch läßt nimmer ab.
Läßt immer neue fallen;
Sie grüßt, und grüßt sich fast zu Tod,
Doch keines trifft von allen.
Das letzte fängt die Lilie
Und tut sich dicht zusammen;
Nun glüht das Blatt in ihrem Kelch,
Als wär´s ein Herz voll Flammen.
Friedrich Hebel